Endorphine und Sport

Wer intensiv Sport treibt, kennt einen Effekt, der in Fachkreisen beispielsweise als 'runners high' oder 'zweiter Wind' bekannt ist und der nach intensiver Belastung noch einmal Kraft gibt. Ursache sind die körpereigenen Endorphine oder 'Glückshormone', die Schmerzen 'wegblasen' und dem Sportler neue Kräfte suggerieren.

Eigendoping und Drogen

Warum reagiert der menschliche Körper auf Drogen wie Kokain, Morphium oder Heroin?

Ganz einfach: Der Körper produziert selbst solche psychoaktive Substanzen, die so genannten 'Endorphine'. Die Drogen, die als chemische Substanzen im Blut transportiert werden, docken an die gleichen Rezeptoren an, wie die Endorphine.

Geht das Training bis zur Erschöpfung, dann schüttet der Körper diese Substanzen aus, um Schmerzen zu dämpfen und die Folgen der Erschöpfung abzumildern.

Endorphine bis zum Tod

Sogar bei einem gewaltsamen Abschied aus dieser Welt greift unser Körper auf Endorphine zurück, um das Ende zu erleichtern. Der britische Afrikaforscher David Livingstone (1813-1873) hat im Jahr 1844 geradezu dramatische Erfahrungen gemacht, als ihn ein Löwe anfiel. Er wurde gerettet und beschrieb darauf die Empfindungen, die er im Angesicht des Todes hatte:

"Der Löwe brüllte ... dann schüttelte er mich, wie ein Dachshund eine Ratte schüttelt. Diese Erschütterung verursachte eine Art Betäubung. Sie versetzte mich in einen träumerischen Zustand, worin ich keine Empfindungen von Schrecken und kein Gefühl von Schmerz verspürte ... Das Schütteln hob die Furcht auf und ließ keine Regung von Entsetzen aufkommen ... als sei ich einer teilweisen Narkose unter Chloroform ausgesetzt worden".

In einer Zeitschrift erschien ein Artikel, der darüber spekuliert, dass Opfer von Gewaltverbrechen in ähnlicher Weise schmerzärmer sterben, als es vielleicht aussieht. Zweifellos wäre das auch von moralischer Bedeutung, denn einerseits hat das Opfer den Täter noch im Tode betrogen und gar nicht so gelitten, wie es der Täter wollte und andererseits kann der Täter vor Gericht vielleicht mildernde Umstände für seine Grausamkeiten geltend machen ...

Viel hilft viel!

Der selbst gemachte Endorphin-Kick kann auch Nachteile haben: Durch regelmäßiges Training gewöhnt sich der Körper an sein eigenes Doping, entwickelt weiteren Bedarf aber keinen Mechanismus, um den Bedarf automatisch zu befriedigen - der Mensch muss wieder Sport bis zur Erschöpfung treiben, um die Entzugserscheinungen zu vermeiden.

Wenn man den Sport aufgeben muss, z.B. weil ein Krankenhausaufenthalt dazwischen kommt, ist mit körperlichem Unwohlsein zu rechnen. Im unangenehmsten Fall führt es zu regelrechten Depressionen, ein bekanntes Phänomen bei Leistungssportlern, die plötzlich mit dem Training aufhören.

Daher sollte man auch hier -wie immer im Leben- das richtige Maß finden. Schließlich will man vor lauter Ausdauersport nicht die sozialen Kontakte zu Familie und Freunden vernachlässigen, oder?